Chaos 2.0 - Die neuen Standards von HDMI und HDCP

Lange angekündigt, dringend erwartet, endlich verfügbar - doch leider schafft der neue Standard HDMI 2.0 mehr Probleme als er löst. Fernseher und Projektoren mit 4K- bzw. UHD-Auflösung werden erst dann ihr volles Potential zeigen können, wenn echte und hochwertige 4k-Inhalte zur Verfügung stehen. Wo diese herkommen und wie sie in Zukunft zur Verfügung gestellt werden, weiß noch niemand so richtig, doch eines scheint sicher: Oft werden Sie von einem externen Gerät zugespielt werden, und dafür braucht man eine HDMI-Verbindung. Die bis vor kurzem aktuellste HDMI-Spezifikation 1.4 ist zwar grundsätzlich bereits für 4k-Material geeignet, jedoch aufgrund von Beschränkungen der Datenrate lediglich auf Bildwiederholraten bis 30 Bilder pro Sekunde ausgelegt. Nicht zuletzt deswegen warteten die Hersteller von TVs und AV-Receivern händeringend auf die Verabschiedung des nächsten Standards HDMI 2.0. Dieser ist nun offiziell, und die ersten Geräte mit HDMI 2.0 sind verfügbar.

Fortschritt mit Hindernissen

Zunächst klingt das alles auch ganz wunderbar: Mit einer Erhöhung des Datendurchsatzes auf 18 Gigabit pro Sekunde (HDMI 1.4: 10,2 Gbps) steht nun genügend Bandbreite für 4k-Bilder mit 60 Bildern pro Sekunde zur Verfügung, außerdem erhöht sich die mögliche Farbtiefe auf 12 bit bzw. 70 Millionen Farben (HDMI 1.4: 8 bit oder 16,7 Millionen Farben) und sogar 3D-Bilder in 4k-Auflösung sind nun möglich. Parallel dazu kann HDMI 2.0 bis zu 32 unkomprimierte Audio-Kanäle übertragen und ist somit auch bereits für neue Tonformate wie Dolby Atmos, DTS UHD oder und Auro 3D vorbereitet. Und vielleicht die beste Nachricht: für HDMI 2.0 werden keine neuen Kabel benötigt! Alles hätte also wirklich richtig gut werden können. Doch das HDMI-Forum hat schließlich einen Ruf zu verlieren, und folgerichtig hat man sich auch in diesem Fall ein paar Dinge ausgedacht, die aus einer wirklich guten Idee ein für den normalsterblichen Anwender unüberschaubares Chaos machen. Zum einen hat man den Herstellern einen so breiten Spielraum bei der Anwendung der 2.0-Spezifikationen eingeräumt, dass noch lange nicht alle HDMI-2.0-Geräte über den gleichen Leistungs- und Funktionsumfang verfügen müssen. Zum anderen hat man sich mit der neuen Version 2.2 des digitalen Kopierschutzes HDCP ein paar weitere Gemeinheiten ausgedacht. Und zu allem Überfluss ist HDCP 2.2 noch nicht einmal Teil des Standards HDMI 2.0, so dass sich beliebig viele missverständliche Kombinationen der beiden Technologien herstellen lassen können. Verwirrt? Wir auch!

HDMI-Spezifikationen, Bandbreite und Auflösung

HDMI 2.0 im Vergleich mit den bisherigen Standards  

HDCP 2.2 -  Mehr Schutz, mehr Verwirrung

HDCP 2.2 ist aus Sicht der Rechteinhaber nötig geworden, um zukünftige 4k-Inhalte effektiv vor illegalen Kopien zu schützen, da alle voran gegangenen HDCP-Versionen als geknackt gelten. HDCP 2.0 setzt nun auf neue Algorithmen, die nicht mit den älteren Version abwärtskompatibel sind. Das kann in der Zukunft bedeuten, dass die Übertragung geschützter 4k-Inhalte unterbunden wird, wenn auch nur ein einziges Gerät in der Wiedergabekette HDCP 2.2 nicht unterstützt. Erinnert man sich daran, welche Probleme der Kopierschutz-Handshake in der Vergangenheit bereits bereitet hat, darf man sich hier noch auf einiges einstellen...

Alles klar nach dem Update... oder?

Fangen wir also am besten noch einmal von vorne an. Fernseher mit echter HDMI-2.0-Schnittsteller sind derzeit rar gesät. Allerdings versprechen zum Beispiel Sony und Toshiba zumindest für einige ihrer 4k-Geräte, die nominell über HDMI 1.4 verfügen, ein kostenloses Software-Update auf. 2.0. Klingt nach einer guten Nachricht und wäre es auch, wenn in diesen Produkten wirklich bereits ausreichend schnell HDMI-Chips verbaut sind, welche die höheren Datenraten verarbeiten können. Denkbar ist jedoch leider durchaus auch, dass über das Software-Update lediglich die Farbtiefe oder Farbauflösung reduziert bzw. begrenzt wird, auch dann stünde nämlich genügend Bandbreite für eine 4k-Übertragung mit 60fps zur Verfügung. Hier wird man abwarten müssen, bis das Update tatsächlich verfügbar ist. Besitzer der 85-Zöller von Sony oder des edlen Projektor VPL-VW1000ES müssen sich eh auf einen größeren Aufwand einstellen. Auch hier soll es ein Update geben, welches sich allerdings nicht auf Software beschränkt sondern auch neue Hardware nötig macht, die durch den Sony-Service ersetzt werden muss. Über die Preise für solche Updates ist bisher noch nichts bekannt, kostenlos wird es wohl kaum sein. Samsung hat bei seinen UHD-TVs von Anfang an auf eine externe Anschlussbox gesetzt. Das macht zukünftige Updates zumindest leichter, ob und in welcher Höhe dann jedoch Kosten auf die Eigentümer zukommen, bleibt ebenfalls abzuwarten. Zahlreiche andere TV-Hersteller, darunter Sharp und LG, haben sich bisher noch nicht zum Thema „Update auf HDMI-2.0“ geäußert.

Etikettenschwindel?

Und selbst wenn Updates verfügbar gemacht werden oder 'echte' HDMI-2.0-Geräte auf dem Markt erscheinen, muss man noch sehr genau hinschauen. Denn die Spezifikation bezieht sich tatsächlich nur auf den maximal möglichen Datendurchsatz, jedoch nicht auf die unterstützten Funktionen. Soll heißen, nicht überall, wo 'HDMI 2.0' drauf steht, ist auch das Gleiche drin. In den letzten Wochen wurden diverse AV-Receiver verfügbar, die laut technischen Daten bereits über HDMI 2.0 verfügen, doch auch hier ist Vorsicht angeraten. Zum einen entspricht in den meisten Fällen aus Kostengründen lediglich ein HDMI-Eingang den neuen Spezifikationen, die anderen sind 'herkömmliche' 1.4-Varianten. Sollte man sich in Zukunft also einmal in der Situation finden, mehrere 4k-Quellen anschließen zu wollen, steht der Kauf eines neuen Receivers an. Andererseits gibt es andere Geräte, etwa von Onkyo, die mit HDCP 2.2 beworben werden und den neuen Kopierschutz auch tatsächlich unterstützen. Nur verfügen Sie nach heutigem Kenntnisstand nicht über HDMI-2.0-Eingänge, können also zukünftige 4k-Quellen nur bedingt unterstützen.

Vorsicht ist beim Herstellerangaben zum Thema HDMI 2.0/HDCP 2.2 geboten. Nicht immer ist die Situation ganz so einfach, wie vollmundige Versprechungen auf dem Karton es vermuten lassen Fassen wir einmal zusammen: Fernseher mit vollständigem HDMI-2.0 gibt es derzeit praktisch nicht. Welchen Funktionsumfang aktuelle Fernseher nach einem Software- oder Hardware-Update auf HDMI 2.0 unterstützen werden, bleibt ebenfalls abzuwarten. Auch Geräte mit nativem HDMI 2.0 müssen nicht zwangsläufig alle neuen Funktionen wie höhere Farbtiefe etc. bieten. Es gibt (und wird weiterhin geben) Geräte, die zwar über HDMI 2.0 verfügen, jedoch den neuen Kopierschutz HDCP 2.2 nicht unterstützen. Sollte es einmal tatsächlich entsprechend geschützte 4k-Medien geben, so können diese über solche Geräte nicht abgespielt werden. Erschwert wird die Auseinandersetzung mit diesem Thema dadurch, dass die Hersteller in ihren Katalogen und auf ihren Internetseiten sich nicht gerade auskunftsfreudig zeigen, was Details zu den unterstützten HDMI-Funktionen oder dem Kopierschutz angeht.