Schöne Sache - Technics SL-1000R

Text: Olaf Adam; Fotos: Olaf Adam, Technics
Dieser Artikel ist ursprünglich erschienen in 0dB - Das Magazin der Leidenschaft N°3

Bei wohl keinem anderen Audioprodukt ist Präzision so entscheidend wie bei einem Plattenspieler. Eine haarfeine Diamantnadel wird am Ende eines langen Tonarms durch die Plattenrille gezogen. Dabei tastet sie mikrometerkleine Strukturen an den Flanken der Rille ab. Oben am Nadelträger sitzt ein Elektromagnet im Miniformat, der die daraus resultierenden Bewegungen in winzige Stromschwankungen umsetzt. Diese elektrischen Modulationen werden über im Vergleich zu den Dimensionen des Tonabnehmers schier unendlich lange Kabel zunächst zu einem Phono-Preamp, dann zu einer Endstufe übertragen. Dort wird das Signal, aber auch jeder unterwegs entstandene Fehler, um ein Vielfaches verstärkt. Damit ein so diffiziles mechanisches und elektrisches System funktioniert, muss alles bis aufs Kleinste passen. Um am Ende so viel Musik wie nur möglich herauszuholen, mit allen Details, mit der vollen Wucht der Emotionen. 

STREBEN NACH DEM PERFEKTEN 

Als ambitionierter HiFi-Fan ist man eigentlich immer auf der Suche. Auf der Suche nach Perfektion in der Wiedergabe, nach dem ultimativen Hörerlebnis. Verfolgt man dieses Ziel bevorzugt auf dem analogen Weg, braucht man einen Plattenspieler, der mit dem gleichen Anspruch gefertigt wurde. Der ebenfalls aus dem Streben nach dem Perfekten entstanden ist. Wie den Technics SL-1000R, mit dem der japanische Hersteller seinem SP-10 aus den 70ern mittels modernster Technik neues Leben einhaucht. Der SP-10 begründete den exzellenten Ruf der damals noch jungen Marke Technics, entsprechend hoch sind die Erwartungen an die moderne Interpretation dieser Legende. Deshalb ist der Aufwand, den Technics bei dieser Neuauflage betrieben hat, enorm. 

Das zeigt sich exemplarisch am Plattenteller des SL-1000R. Er ist aus drei Schichten mit unterschiedlichen Eigenschaften und Aufgaben aufgebaut. Das Kernstück besteht aus dickem Aluminiumguss, der auf der Unterseite von einer Lage Naturkautschuk bedämpft wird. Als Auflageteller dient die dritte Lage aus massivem Messing, zehn Millimeter stark und präzise aus dem vollen Material gedreht. Am Rand des Auflagetellers sind zwölf schwere Wolframgewichte eingelassen. Die gesamte Konstruktion wiegt fast acht Kilogramm und würde in ihrer Genauigkeit wohl bereits viele andere Produzenten zufriedenstellen. Nicht so bei Technics, nicht beim SL-1000R. Vor der Endmontage wird jeder Teller gewogen, vermessen und anschließend mittels einer individuellen Bohrung an der Unterseite feingewuchtet. Toleranzen an den absoluten Grenzen der Messtechnik, nichts anderes akzeptieren die Japaner bei einem Plattenspieler, den sie selbst "Reference Class" nennen. 

KRAFT UND GENAUIGKEIT 

Wie alle Plattenspieler von Technics verfügt auch der SL-1000R über einen kräftigen Direktantrieb. Vorteile dieses Prinzips sind ein hohes Anlaufdrehmoment und die Möglichkeit, die Drehgeschwindigkeit sehr genau zu kontrollieren. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass Vibrationen des Motors auf den Plattenteller übertragen werden. Deshalb haben sich die Ingenieure den vor wenigen Jahren für den SL-12000GAE neu entwickelten eisenkernlosen Antriebsmotor noch einmal vorgenommen, weiter optimiert und die Gleichlaufabweichung auf unter 0,015 % gesenkt. Vielleicht wäre noch ein wenig mehr drin gewesen, doch auch hier wurden schlicht die Grenzen der verfügbaren Messtechnik erreicht. 

Eine externe Steuereinheit übernimmt die Regelung des modernen Direktantriebs, komplett entkoppelt von den mechanischen Aktivitäten des Laufwerks, völlig unabhängig, unbestechlich genau. Denn die aufwendige Optimierung des Tellers und des Antriebs zahlt sich nur aus, wenn die elektronische Regelung des Motors ebenfalls absolut perfekt ist. 

FAST ZU SCHADE ZUM BERÜHREN 

Diese Perfektion im Detail setzt sich in allen anderen Bereichen des SL-1000R fort. Bei der Chassis/ Subchassis-Konstruktion aus einem Verbund von solidem Aluminium und vibrationsresistentem Spezialkunststoff. Im Inneren beim technischen Aufwand der mechanischen und elektrischen Konstruktion. Und selbst die Standfüße sind eine vollständige Neuentwicklung, bei der verschiedene Dämpfungselemente und Materialien gemeinsam gegen kleinste Erschütterungen kämpfen. Fest an das so bestens geschützte Plattenteller-Chassis angekoppelt ist die Tonarmbasis. So arbeiten Plattenteller-Lager und Tonarm immer unter den gleichen mechanischen Bedingungen, die optimale Voraussetzung für einen präzisen Abtastvorgang. 

Standesgemäß für dieses Fest japanischer Ingenieurskunst ist natürlich auch die äußere Erscheinung. Wo man hinschaut, findet sich über jeden Zweifelerhabene Verarbeitungsqualität, bleibt der Blick an den edlen Oberflächen hängen, die fast zu schade zum Berühren sind. Aber nur fast. 

FEINMECHANISCHES KUNSTWERK 

Kein Zweifel, der Technics SL-1000R ist ein ganz exquisiter Plattenspieler. Eine entsprechend gute HiFi-Kette vorausgesetzt, kann man mit ihm die analoge Musikwiedergabe auf einem Niveau genießen, wie es nur wenige andere Spieler ermöglichen. Der SL-1000R ist aber auch - gleichzeitig und gerade deswegen - ein feinmechanisches Kunstwerk, in dessen Betrachtung man sich ebenso detailverliebt verlieren kann wie in das Musikhören mit ihm. Rundum: eine schöne Sache. 

Galerie Technics SL-1000R